Sexualität ist so vielfältig wie die Menschen, die Sex haben. Erlaubt ist, was gefällt – solange alle Beteiligten ausdrücklich einverstanden sind und keine rechtlichen Grenzen überschritten werden. Und wie auch immer du deine Sexualität lebst: Wenn du dir deiner Risiken bewusst bist und entsprechend handelst, kannst du gesund bleiben.
- Das Wichtigste in Kürze
- Wechselnde sexuelle Kontakte
- Sex mit Personen aus Gruppen, in denen HIV und andere STI überdurchschnittlich verbreitet sind
- Situationen mit erhöhtem HIV-Risiko
- Sexuelle Praktiken und Situationen mit erhöhtem Risiko
- Weitere Situationen mit Übertragungsrisiko
Das Wichtigste in Kürze
Die Risiken für eine Infektion mit HIV oder einem anderen sexuell übertragbaren Krankheitserreger sind je nach Situation unterschiedlich. Die drei wichtigsten Faktoren für erhöhtes Risiko sind:
- wechselnde sexuelle Kontakte
- Sex mit Personen aus Gruppen, in denen HIV, andere sexuell übertragbare Infektionen (STI), Hepatitis B oder Hepatitis C überdurchschnittlich verbreitet sind
- bestimmte sexuelle Praktiken
Vor einem Risiko für deine Gesundheit schützen kannst du dich mit Impfungen, weiteren Schutzmöglichkeiten und Testen.
Nach einer HIV-Risikosituation solltest du sofort die Notfallstation eines Spitals aufsuchen. Dort kannst du überprüfen lassen, ob die HIV-Notfallbehandlung, eine sogenannte PEP, nötig ist. Die PEP muss innerhalb von 48 Stunden eingenommen werden, am besten so schnell wie möglich. Die PEP ist keine «Pille für den Morgen danach», und es gibt keine Garantie, dass sie wirkt. Sie ist für den Notfall gedacht, als letzter Ausweg, wenn beispielsweise ein Kondom beim Sex versagt.
Als HIV-Risikosituation gilt hier:
- jede Vergewaltigung
- Analsex unter Männern ohne Kondom oder PrEP
- Anal- und Vaginalsex ohne Kondom oder PrEP mit Menschen aus oder in Ländern, in denen HIV besonders häufig ist.
- Ausnahme: HIV-positive Menschen mit wirksamer Therapie übertragen das HI-Virus nicht mehr.
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Wechselnde sexuelle Kontakte
Je mehr sexuelle Kontakte, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass sexuell übertragbare Erreger sich ausbreiten. Wichtig ist also nicht nur die eigene Anzahl sexueller Kontakte, sondern auch die des jeweiligen Gegenübers. In folgenden Situationen besteht erhöhtes Risiko:
- Gruppensex
- Sexpartys/-clubs
- Sex gegen Bezahlung
Sex mit Personen aus Gruppen, in denen HIV und andere STI überdurchschnittlich verbreitet sind
Es gibt Gruppen von Menschen, die von gewissen sexuell übertragbaren Infektionen (STI) stärker betroffen sind als andere. Von HIV, anderen STI oder Hepatitis B oder C besonders betroffen sind:
- schwule, bisexuelle, queere und andere Männer, die Sex mit Männern haben
- Menschen aus Ländern mit erhöhtem Vorkommen von HIV, oder Hepatitis B oder C
- Menschen, die Drogen spritzen oder sniffen bzw. über die Nasenschleimhaut aufnehmen
- Sexarbeitende
- Kunden von Sexarbeit
- trans Menschen
Situationen mit erhöhtem HIV-Risiko
In folgenden Fällen besteht bei Anal- oder Vaginalsex ein erhöhtes HIV-Risiko, wenn du auf Kondome verzichtest oder ein Kondom reisst und du keine PrEP nimmst:
- Du hast Sex mit einer Person, welche ihren aktuellen HIV-Status nicht kennt. Sie könnte mit HIV leben, ohne es zu wissen.
- Du hast Sex mit einer Person, die zu einer Gruppe gehört, in der HIV stark verbreitet ist. Siehe die Aufzählung oben.
- Du hast Sex mit einer Person aus einem Land, in dem HIV stark verbreitet ist.
- Die Person mit der du Sex hast, lebt mit HIV, aber ihre Behandlung ist noch nicht wirksam genug, um eine Übertragung zu verhindern.
Personen, die mit HIV leben und eine erfolgreiche HIV-Behandlung machen, übertragen das Virus nicht. Beim Sex mit einer solchen Person gehst du kein Risiko ein. Dafür gibt es die Bezeichnung U=U (undetectable = untransmittable).
Sexuelle Praktiken und Situationen mit erhöhtem Risiko
Je mehr sexuelle Kontakte, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass sexuell übertragbare Erreger sich ausbreiten. Wer viele verschiedene sexuelle Kontakte hat, hat also ein erhöhtes Risiko. Wer Sex mit Sexarbeitenden hat, kommt in Kontakt mit einem weiten sexuellen Netzwerk. Auch das erhöht das Ansteckungsrisiko.
Risiko für:
- STI
- HIV (bei Sex mit Personen aus Gruppen mit erhöhter Betroffenheit sowie bei Sex in Ländern, in denen HIV stark verbreitet ist.)
Das hilft:
- impfen, wo das möglich und empfohlen ist
- Kondom und Vaginalkondom (Schutz vor HIV)
In Ländern mit hoher Verbreitung von HIV ist auch das Übertragungsrisiko höher.
Risiko für:
- HIV
Das hilft:
- Kondom und Vaginalkondom
Durch verunreinigtes und mit anderen geteiltes Sexspielzeug (vor allem Analspielzeuge) kann es zu Schmierinfektionen kommen. Dabei gelangen Erreger direkt von der Schleimhaut von Vagina oder Anus auf die Oberflächen der Spielzeuge und werden so weitergegeben. Gelangt Blut auf Sexspielzeug, sind die Informationen im nachfolgenden Abschnitt wichtig.
Risiko für:
- Syphilis, Gonorrhoe, Chlamydien, Herpes, Feigwarzen (HPV)
Das hilft:
- Hygiene
- Impfung gegen HPV
Bei Kontakt von Schleimhäuten mit Blut besteht ein hohes Infektionsrisiko für Hepatitis B und C. Beim Analsex kommt es häufig zu Blutungen – beispielsweise beim Fisten (wo die Faust eingeführt wird), bei der Verwendung von grossen analen Sexspielzeugen oder BDSM (ist Englisch und steht für Bondage, Discipline, Sadism, Masochism. Damit sind Praktiken mit einvernehmlichen Gewalterfahrungen gemeint). Das Blut transportiert die Viren. Direkter Kontakt mit Menstruationsblut ist aber vernachlässigbar, da das Infektionsrisiko hier sehr klein ist.
Risiko für:
- Hepatitis B und C
Das hilft:
- Gummihandschuhe beim Fisten
- ausreichend Gleitmittel
- bei Sex mit mehreren Personen: Wechsel der Gummihandschuhe bei jeder Person und Gleitmittel nicht teilen
- Impfung gegen Hepatitis B
Weitere Situationen mit Übertragungsrisiko
Beim Spritzen (Anabolika oder Drogen), Sniffen mit Röhrchen (z. B. Kokain), wenn Utensilien (Spritzen, Nadeln, Röhrchen, Flaschen, Filter, Verdünner oder Löffel) geteilt werden.
Risiko für:
- HIV (Spritzen)
- Hepatitis B und C (Spritzen und Sniffen)
Das hilft:
- eigene Utensilien verwenden (nicht mit anderen teilen)
Sex im Zusammenhang mit Alkohol- oder Drogenkonsum kann das Schutzverhalten negativ beeinflussen und zu einem erhöhten Übertragungsrisiko führen: weil der Schutz vergessen geht oder nicht mehr so wichtig scheint.
Risiko für:
- HIV
- alle sexuell übertragbaren Erreger
Das hilft:
- Je besser das Schutzverhalten ohne Einfluss von Alkohol und Drogen geübt wurde (z. B. Wahl des richtigen Kondoms, Vorhandensein von ausreichend Gleitmittel), desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass es auch unter Einfluss von Alkohol und Drogen funktioniert.
Und wenn du Drogen konsumierst (Spritzen, Sniffen):
- Informiere dich über die Risiken von Substanzkonsum. Lass deine Drogen bei einem Drug-Checking testen, damit du weisst, was du konsumierst.
- Vermeide die Verwendung von Substanzen, mit denen du keine Erfahrung hast oder deren Herkunft du nicht kennst.
Chemsex ist definiert als Einnahme von stimulierenden Substanzen bei sexuellen Gruppenaktivitäten. Chemsex-Sessions erstrecken sich oft über viele Stunden bis Tage und beinhalten Sex mit vielen wechselnden Sexualkontakten – dadurch erhöht sich die Übertragungswahrscheinlichkeit für alle sexuell übertragbaren Erreger. Wenn Substanzen gespritzt oder über die Nasenschleimhaut aufgenommen werden, besteht auch ein Risiko für HIV und Hepatitis B und C.
Risiko für:
- alle sexuell übertragbaren Erreger
Das hilft:
- Personen, die Chemsex praktizieren und nicht mit HIV leben, wird eine medikamentöse Prophylaxe (PrEP) zur Vermeidung einer HIV-Infektion empfohlen.
- Wer Chemsex praktiziert und bereits mit HIV lebt, sollte darauf achten, die Medikamente auch während der Chemsex-Session weiter regelmässig einzunehmen, um Übertragungen des Virus auf andere zu verhindern.
HIV, Hepatitis B und C sowie Syphilis können während der Schwangerschaft oder bei der Geburt auf das Kind übertragen werden. In der Schweiz ist das Risiko jedoch sehr klein, weil während der Schwangerschaft auf diese Erreger getestet wird. Bei einer Infektion bespricht die Gesundheitsfachperson mit der schwangeren Person, wie das Kind vor einer Infektion geschützt werden kann.
Risiko für:
- HIV
- Hepatitis B und C
- Syphilis
Das hilft:
- mit der ärztlichen Fachperson über sexuell übertragbare Infektionen sprechen
- Testen während der Schwangerschaft
Kein HIV-Risiko besteht bei Oralsex oder bei sexuellen Praktiken mit den Fingern. Eine Ansteckung mit anderen STI kann jedoch nicht ausgeschlossen werden. Wenn du dich ausschliesslich selbst befriedigst, besteht kein Übertragungsrisiko – es sei denn, du teilst Sexspielzeug und andere Utensilien mit anderen.